Bakterien, Viren & Co: Putzen wir uns krank?
26. März 2019
Kunststoffe in der Umwelt, insbesondere die Umweltverschmutzung im Meer, sind inzwischen zu einer globalen Krise herangewachsen. Dies beeinträchtigt Ozeane, Strände, Tiere, Pflanzen, aber auch die Lebensmittel für den Menschen. Plastikherstellung und Umwelt lassen sich schwer miteinander vereinbaren, dennoch fällt es dem Menschen schwer, sich davon zu lösen. Plastik kann schließlich viele hilfreiche Zwecke in unserem alltäglichen Leben erfüllen. Entsprechend wurden immer neue Innovationen und Wege gefunden, um Plastik zu nutzen, was letztendlich zu einer Abhängigkeit führte. Ein Großteil der Umweltverschmutzung durch Plastikmüll hat seinen Ursprung deswegen an Land und schlussendlich können nur Regulierungen der Makro- und Mikroplastik in der Umwelt Herr werden.
Plastikelemente, die kleiner als fünf Millimeter sind, werden auch als Mikroplastik bezeichnet. Sie bestehen aus Polymeren und funktionellen Zusatzstoffen. Mikroplastik lässt sich in primäres und sekundäres Mikroplastik unterteilen. Bei primärem Mikroplastik des Typs A handelt es sich um Teilchen, die bei der Produktherstellung absichtlich hingenommen oder unversehens durch einen Unfall freigesetzt werden. Primäres Mikroplastik des Typs B kommt erst bei der Nutzung eines Produkts zustande. Beim Waschen können sich beispielsweise synthetische Fasern von der Kleidung lösen, durch abgeriebene Reifen oder verwitterte Farbe entsteht ebenfalls Mikroplastik des Typs B.
Sekundäres Mikroplastik löst sich durch physikalische, chemische oder biologische Einflüsse vom größeren Meso- oder Makroplastik ab. Über den Übergang von Meso- oder Makro- zu Mikroplastik ist bisher noch wenig bekannt und die Umwandlung bedarf tiefergehender Forschung. Mesoplastik nennt man die Plastikbestandteile, die zwischen fünf und 200 Millimeter groß sind. Eine Makroplastik Definition gestaltet sich ähnlich simpel, denn es stellt mit 75 Prozent den größten Anteil des Plastiks dar, das sich im Meer befindet. Dieser Plastikmüll weist eine Größe zwischen 200 und 500 Millimeter auf und stammt aus Haushalten und Industrie. Als sogenanntes Megaplastik wird das Plastik bezeichnet, das über 500 Millimeter hinausgeht. Es kommt relativ selten vor, weil es sich hierbei um Gegenstände handelt, die durch Naturkatastrophen wie Tsunamis und Wirbelstürme ins Meer gelangen.
Das Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT konnte durch seine Studie „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik“ etwas mehr Licht ins Plastikdunkel bringen. Dabei wurden 74 potenzielle Quellen für primäres Mikroplastik identifizierte und 54 davon quantifiziert. Zu den zehn schwerwiegendsten Verursachern gehören:
Kosmetik gehört also nicht einmal zu einer der Hauptquellen des Mikroplastiks. Die Studie gesteht allerdings ein, dass es sich größtenteils um experimentelle Daten basierend auf Verbrauchs- und Produktionsdaten handelt, die weiterer Erforschung und Analysen bedürfen.
Bei den Plastikmüll Ursachen kommen zwei Quellen ins Spiel: Privatverbraucher entsorgen häufig kleine Plastikutensilien in der Toilette und nicht in ihrem Mülleimer. Hinzu kommt die Niederschlagsentwässerung von Verkehrsflächen, durch die Makroplastik zumindest teilweise ins Abwassersystem gelangt. Der Studie des Fraunhofer Instituts zufolge werden schätzungsweise 3000 Tonnen Makroplastik pro Jahr aus dem Abwasserstrom gefiltert. Die Abscheidung oder Trennung von Mikroplastikpartikeln ist sehr hoch und beträgt bis zu 95 Prozent, hängt aber von Form und Durchmesser ab.
Tatsache ist, dass viele Mikroplastikpartikel im Klärschlamm landen. Ein Viertel des Klärschlamms wird für die Landwirtschaft und 10 Prozent werden für den Landschaftsbau als Düngemittel verwendet. Die enthaltenen Kunststoffe können durch Niederschläge in die Natur gespült werden. Bei der thermischen Verwertung des Klärschlamms wird dieser vor der Verbrennung zunächst entwässert. Das Wasser gelangt wieder in die Kläranlage und damit auch die Kunststoffpartikel wieder in den Wasserkreislauf, die im Zuge dessen vermutlich weiter zerkleinert werden. 62 Prozent des Niederschlags und 1 Prozent des Schmutzwassers werden auch gar nicht geklärt. Mikro- und Makroplastik können jedoch durch Sedimentationsstrecken und Retentionsbodenfilter abgeschieden werden, allerdings ist noch nicht genügend erforscht, in welchem Ausmaß dies geschieht. Außerdem fließt insbesondere bei starken Niederschlägen die ungereinigte Flüssigkeit in Richtung des nächsten Gewässers.
Die Transferraten von Makro- und Mikroplastik ins Meer lassen sich dagegen momentan noch schwer abschätzen. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Studien, die verschiedene Aussagen zum Transfer von Makro- und Mikroplastik treffen, da wissenschaftliche Modellierungen und Bestätigungen diesbezüglich noch in der Anfangsphase stecken.
Mikroplastik ließ sich bisher in Meerwasser und Süßwasser nachweisen und fand sich in Landökosystemen wieder, es kann in die Nahrungskette gelangen und generell schwere Umweltschäden nach sich ziehen. Die Europäische Kommission beauftragte deswegen die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) damit, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beurteilen. Auf dieser Basis sollten Regulierungen auf EU-Ebene geschaffen werden, mit denen sich die Kunststoff-Emissionen einschränken lassen. Die ECHA wurde bereits 2007 gegründet, um die Implementierung der REACH Chemikalienverordnung (Registration, Evaluation, Restriction and Authorisation of Chemicals) durchzuführen, die bereits 2006 von der EU-Kommission erlassen und ab den 1. Juni 2007 für alle EU-Mitglieder verbindlich wurde. Der REACH Standard sorgt dafür, dass Unternehmen verantwortungsbewusster mit Chemikalien verfahren und keine Chemikalien mehr nutzen dürfen, von denen unbekannte Gefahren ausgehen. Die Industrie muss hierfür selbstständige Beweise erbringen. 2019 legte die ECHA eine EU-Kunststoffstrategie vor, die ein Verbot von Mikroplastikpartikeln in Kosmetika, Farben, Medikamenten und Einstreumaterial von Kunstrasenplätzen vorschlägt. Die EU-Kommission bereitet aktuell den entsprechenden Regulierungsvorschlag für die Mitgliedstaaten vor.