Farbe aus Struktur: Wie etwas ohne Pigmente bunt wird
8. August 2023
Kein Strom, keine Straßenlaternen, nur das sanfte Leuchten lebender Organismen: Sieht so die Straßenbeleuchtung der Zukunft aus? Was wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film klingt, könnte in Zukunft Realität werden. Dank eines Prinzips, das die Natur seit Millionen von Jahren perfektioniert hat und damit Menschheit und Forschende weltweit fasziniert: der Biolumineszenz.
Die Natur als Lichtquelle
Biolumineszenz beschreibt die Fähigkeit von Lebewesen, durch chemische Reaktionen Licht im eigenen Körper zu erzeugen. Das Phänomen existiert weltweit bei über 3500 verschiedenen Spezies. Auf Wiesen, in Wäldern und Höhlen, vor allem aber in den Tiefen der Ozeane.
Sie kennen sicher die hier heimischen Glühwürmchen, Sie haben von Leuchtkäfern, illuminierten Pilzen in Regenwäldern, „Meeresleuchten“ in Buchten und blinkenden Tiefseefischen gehört. Auf den ersten Blick ist deren Leuchten in schillernden Farben und in außergewöhnlichen Mustern einfach ein fesselndes Naturspektakel. Auf den zweiten, wissenschaftlichen Blick ist es jedoch eine evolutionäre Überlebensstrategie.
Biolumineszenz war und ist vielseitiges Überlebenswerkzeug
Die Leuchtfähigkeit des eigenen Organismus hilft Lebewesen schon seit über 540 Millionen Jahren auf unterschiedlichste Weise beim Überleben: Glühwürmchen senden Lichtsignale, um potenzielle Partner zu umgarnen. Tiefseefische verwenden Biolumineszenz als Gegenbeleuchtung, um sich vor ihren Feinden zu verstecken. Anglerfische locken mit einem Leuchtorgan ihre Beute an. Und Dinoflagellaten schrecken als grün-bläulich funkelnde Algenteppiche ihre Fressfeinde ab.
Was damals mit den Vorfahren der Oktokoralle begonnen hat, hat sich bis heute in vielen Spezies fest- und fortgesetzt. Gut hundertmal hat sich die Biolumineszenz im Laufe der Evolution unabhängig voneinander in verschiedenen Lebewesen entwickelt. Diese enorme Anpassungsfähigkeit und Durchsetzungskraft zeigt, dass biolumineszente Lebewesen einen klaren evolutionären Vorteil haben.
Die große Chance: Biolumineszenz als reproduzierbarer Prozess
Und genau darin liegt auch die chemische „Magie“. Obwohl viele biolumineszente Organismen nicht miteinander verwandt sind, nutzen sie ähnliche chemische Reaktionen und Moleküle, um Licht zu erzeugen. Ein Paradebeispiel für konvergente Evolution.
Bisher wissen Forschende noch wenig über leuchtende Lebewesen. Klar ist jedoch, dass die meisten Biolumineszenz-Phänomene aus Oxygenierungs-Reaktionen resultieren. Körpereigene Leuchtstoffmoleküle reagieren mit Sauerstoffmolekülen und/oder anderen chemischen Elementen. Dabei wird Energie in Form von Licht frei.
Genauer lässt es sich am Beispiel Glühwürmchen beschreiben: Das körpereigene Enzym Luciferase lässt das Leuchtstoffmolekül Luciferin mit Sauerstoffmolekülen reagieren. Bei diesem Prozess werden die Luziferine mit Sauerstoff angereichert. Indem die Luciferin-Elektronen durch die Energie der Körperzellen auf ein höheres Energieniveau angeregt werden und dann wieder auf das Ausgangsniveau abfallen, wird Energie in Form von Photonen und Wärme frei. Geschieht dies oft hintereinander, wird dieser Photonenfluss als Glühwürmchen-Licht sichtbar.
Bemerkenswert ist die hohe Energieeffizienz von Glühwürmchen & Co.
Während eine herkömmliche Glühbirne nur circa 5 % Licht und 95 % Wärme abgibt, eine LED-Leuchte 50 % Licht und 50 % Wärme, so gibt das Glühwürmchen um die 95 % Licht und nur 5 % Wärme ab. Diese Energieumwandlung und -leistung birgt ein immenses Potenzial, das sich auch die Menschheit mehr und mehr zunutze macht.
Biolumineszenz ist hocheffizient, da die chemische Energie fast vollständig in Licht umgewandelt wird. Da die Lichtreaktion schnell und individuell ist, können durch Biolumineszenz bereits kleinste Mengen von bestimmten Molekülen, Enzymen oder Toxinen nachgewiesen werden. Und da Biolumineszenz in lebenden Organismen funktioniert, können Mediziner und Forscher diese biologischen Vorgänge und Veränderungen auch noch in Echtzeit beobachten.
Aktuelle und visionäre Anwendungsfelder der Biolumineszenz
Nach Inspiration und Vorbild der Natur wird Biolumineszenz heute schon in der Medizin genutzt, um zum Beispiel Krebszellen oder Infektionen sichtbar zu machen. In der Umweltforschung helfen biolumineszente Biosensoren unter anderem dabei, Schadstoffe in Wasser, Luft und Boden zu entdecken. Noch visionär ist die Idee, biolumineszente Pflanzen und Mikroorganismen als natürliche, nachhaltige Lichtquellen nutzbar zu machen.
Nur das sanfte Leuchten lebender Organismen: Vielleicht sieht so die Straßenbeleuchtung der Zukunft aus. Um die Wissenschaft voranzutreiben, arbeiten auch wir stetig daran, unsere Produktpalette zuverlässig und präzise auszuweiten und so das Leben der Menschen zu verbessern. Überzeugen Sie sich selbst unter www.carlroth.com
Quellen:
https://www.chemie.de/news/1183266/biolumineszenz-das-natuerliche-leuchten.html
https://nachrichten.idw-online.de/2024/04/18/biolumineszenz-das-natuerliche-leuchten
https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/biolumineszenz-seit-mindestens-540-millionen-jahren/
https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/gluehwuermchen-prinzip-bringt-krebszellen-den-tod/
https://chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cbic.202400106
https://www.planet-wissen.de/natur/forschung/phaenomen_licht/pwiebiolumineszenz100.html
https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2019/12/wie-funktioniert-biolumineszenz-bei-tieren
https://www.scienceinschool.org/de/article/2016/living-light-chemistry-bioluminescence-de/