Fermente – Superfood für das Immunsystem
16. Januar 2020
Die Umweltanalytik macht große technologische und vor allem messtechnische Fortschritte. Insbesondere die Identifikation von Mikro- und Nanoplastik sowie die Auswertung von großen komplexen Datenmengen stellen aber weiterhin eine große Herausforderung dar.
Der Umweltanalytik fällt eine der wichtigsten Forschungsaufgaben unserer Zeit zu. Sie untersucht die Auswirkungen von unterschiedlichen Substanzen und Stoffen auf Klimaveränderungen. Substanzen, die durch Privathaushalte, vornehmlich aber durch die Industrie, den Straßenverkehr und die Landwirtschaft in die Umwelt geraten, stehen hierbei im Vordergrund. Hierzu gehören Schwermetalle, Pestizide, Insektizide, Lacke und neuerdings vor allem auch Mikroplastik sowie andere schädliche Stoffe, die sich ihren Weg in die Natur bahnen.
Sogar das Coronavirus beschäftigt die heutige Umweltanalytik. Deren Teildisziplin, die Abwasseranalyse, ist PCR-Tests nicht nur einige Tage voraus, sondern sie kann auch bei der Eindämmung des Virus helfen. So stellten Experten für Wasser- und Abwassermanagement des Unternehmens Veolia durch gezielte Abwasseranalysen in 120 Kläranlagen fest, dass sich die Omikron-Mutante des Virus innerhalb Deutschlands stark verbreitet hat.
Die Umweltanalytik konzentriert sich aber nicht nur auf das Abwasser und dessen Analyse. Der Forschungszweig wendet eine Vielzahl unterschiedlicher Technologien und Methoden an, um die verschiedensten Stoffe und Stoffgruppen in Boden, Wasser und Luft qualitativ und quantitativ zu untersuchen.
Die Identifizierung von Schadstoffen stellt eine große Herausforderung für die Umweltanalytik dar, weil es eine große Anzahl von Verbindungen mit unterschiedlichen Zusammensetzungen gibt. Bei der Chromatographie und Massenspektrometrie handelt es sich aber um zwei hochentwickelte Analysetechniken, die empfindlich, robust und schnell sind sowie in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt und für die Umweltanalytik optimiert wurden.
Die Gaschromatographie ist in der Umweltanalytik nach wie vor äußerst beliebt, insbesondere für die Analyse von flüchtigen Verbindungen. Die Flüssigchromatographie erlangt aber als Trenntechnik innerhalb dieser Wissenschaftsdisziplin immer mehr Popularität. Hiermit lassen sich polare, nicht-flüchtige, thermolabile oder hochmolekulare Verbindungen untersuchen, was sich mit der Gaschromatographie wiederum schwierig gestaltet. Eine Technik, die für die Trennung von komplexen Gemischen stetig weiterentwickelt wird, z. B., um polare Pestizidrückstände in Lebensmitteln zu untersuchen.
Eine Form der Flüssigchromatographie stellt die sogenannte Turbulent-flow-Chromatographie dar, die dabei hilft, den Analyseprozess effizienter zu gestalten. Die Umweltanalytik muss sich bei der Analyse häufig mit Interferenzen auseinandersetzen, weil die zu untersuchenden Proben viele unterschiedliche Verbindungen enthalten. Aus diesem Grund ist vor der Analyse oftmals eine Reinigung erforderlich, welche die Untersuchungszeit verlängert. Bei der Turbulent-flow-Chromatographie ist eine solche Reinigung nicht notwendig, sodass die Probenvorbereitungszeit reduziert werden kann.
Die Massenspektrometrie ist dagegen eine beliebte Methode, um empfindliche qualitative und quantitative Analysen zu ermöglichen. Diese Messgeräte sind in der Lage, die Ionenmassen exakt zu messen. Sie arbeiten mit einer hohen Auflösung, sodass sie kleine Moleküle und deren Anzahl gleichartiger Atome (Summenformel) erfassen können. Da es sich bei einem Großteil der Geräte um Tandemspektrometer handelt, können sie fragmentierte Ionen auch präzise messen und auch die Summenformel der Fragment-Ionen erhalten.
Sie werden beispielsweise eingesetzt, um Pestizide zu analysieren und Nitrophenole zu identifizieren. Diese sind leicht wasserlöslich und können über das Flusswasser in die Trinkwasserversorgung geraten. Mit einer Kombination der Massenspektrometrie und der Flüssigchromatographie lassen sich sogar unbekannte Verbindungen und solche in äußerst niedrigen Konzentrationen von bis zu einem Milliardstel nachweisen. Neben Pestiziden konnten mit dieser Kombination Steroid-Östrogene in Abwässern erkannt werden, die z. B. den Hormonhaushalt stören können. Diese Methodik ist aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit, ihrer Empfindlichkeit und ihrer Messgenauigkeit prädestiniert für ein breites Screening verschiedener organischer Schadstoffe und Abbauprodukte in der Umwelt. Eine technologische Grundlage, auf der noch viele spannende Weiterentwicklungen für die Umwelttechnologie folgen werden.
Im Zuge von Industrialisierung, mehr Schiffverkehr, Fischerei und Rohstoffförderung sowie der späteren chemischen Industrie fanden zunächst Schwermetalle und später hunderttausend andere Substanzen und Stoffcocktails ihren Weg in die Meere.
Das Institut für Umweltchemie untersucht die Quellen, Mengen und den Verbleib dieser Substanzen. Auf Basis dieser Informationen sollen die Gefahren, aber auch das Potenzial für Entwicklungen ermittelt werden.
Für diese Aufgabe muss das Institut neue, leistungsstarke analytische Vorgehensweisen entwickeln, um dieses komplexe Ökosystem dauerhaft zu beobachten und die gewonnenen Daten zu verwerten. Dafür unterhält es sogar ein Forschungsschiff, das Proben in diversen deutschen Flüssen oder in der Küstennähe von Ost- und Nordsee nimmt. Die Abteilung anorganische Chemie analysiert die Freisetzung von Stoffen durch den Bau von Offshore-Windanlagen und den dabei verwendeten Betriebsmitteln und Maßnahmen für den Korrosionsschutz.
Ferner untersucht die Abteilung den weitestgehend noch unerforschten Einfluss von Nano- und Mikroplastik und deren Rolle als Transportmittel von Schadstoffen wie z. B. Schwermetallen. Um Beprobungen an oftmals hunderten von Standorten mehrere Male und möglichst ressourcenschonend durchführen zu können, geht das Institut dazu über, diese Prozesse zu automatisieren. Bei der Mikroplastikanalytik nutzt man aktuelle QCL-basierte IR-Imaging-Systeme, um die Analyse schneller durchzuführen und eine hohe Datenqualität mit einer reduzierten Anzahl von Flüchtigkeitsfehlern zu gewährleisten. Die großen Datenmengen, die hochauflösende Massenspektrometrie und Techniken der chemischen Bildgebung erbringen, lassen sich nicht mehr durch einfache Tabellenauswertungen bewältigen. Hier kommen ebenfalls automatisierte Verfahren in der Form von Skripten und Auswerteroutinen zum Einsatz.
Trotz der fortschrittlichen und vielversprechenden Technik ist der Mensch bei dieser Arbeit nicht wegzudenken, jedoch mangelt es an analytischen Lehrstühlen an deutschen Hochschulen und entsprechend an gut ausgebildeten Nachwuchskräften, die in diesem wichtigen Zweig weiterforschen.
Unter den vielen anderen Umweltbelastungen beherrscht vor allem die Mikro- und Nanoplastik den aktuellen wissenschaftlichen, aber auch den öffentlichen Diskurs. Die kleinen Partikel stammen aus unterschiedlichen Quellen, gelangen häufig über Fließgewässer ins Meer. Weil sie Schadstoffe an sich binden können, stellen sie eine Gefahr für die Natur dar. Auch Mensch und Tier nehmen Mikro- und Nanoplastik auf, ohne in der Lage zu sein, es wieder auszuscheiden.
Eine Herausforderung für die Umweltanalytik stellt aber noch die Identifizierung der Plastikteilchen dar. Zwar können spektroskopische Vorgehensweisen wie die Infrarot- und Raman-Spektroskopie dafür herangezogen werden, diese Methoden reagieren allerdings empfindlich auf Veränderungen der Plastikpartikel durch den Alterungsprozess oder auf Verschmutzungen an der Oberfläche der Partikel. Organische Ablagerungen oder Oxidation haben Einfluss auf die Messdaten und sind hinderlich bei deren Interpretation.
Normalerweise müssen die entsprechenden Proben daher zunächst mit Enzymlösungen bearbeitet werden, was aber viel Zeit kostet und die Partikel weiter verändern oder im schlechtesten Fall eliminieren kann. Zudem ist der Prozess äußerst zeitaufwendig, zumal sich mehrere tausend Partikel innerhalb einer Probe befinden können. Bildgebende integrale instrumental-analytische Messverfahren wie die Infrarot- und Raman-Mikrospektrophotometrie und die Thermo-Extraktion-Desorption- und Pyrolyse-Gaschromatographie-Massenspektrometrie können an dieser Stelle weiterhelfen. Bei ersterem lassen sich Nicht-Plastik-Partikel mithilfe eines feinen Filters trennen, bevor der Filter untersucht wird – eine Methode, die aber mehrere Stunden oder sogar Tage kosten kann. Mit chromatographischen Methoden kommen Forscher weitaus schneller voran und können kleinere Proben sofort untersuchen, ohne dass eine Vorbereitung notwendig ist. Die Molekülteilchen werden bei beiden Verfahrensweisen durch thermische Energie aufgeladen, durch die Gaschromatographie aufgetrennt und durch die Massenspektrometrie untersucht. Hiermit lässt sich sogar der Abrieb von Autoreifen detektieren, der möglicherweise für einen großen Teil der Mikroplastik-Belastung verantwortlich zeichnet. Bei der Auswertung der großen Datenmengen tendiert man Richtung teil- oder vollautomatisierter Lösungen, weil etablierte Abgleichsmethoden mit entsprechenden Datenbanken und Spektrenbibliotheken nicht mehr ausreichen. Aber auch an dieser Stelle ist die Entwicklung solcher Methoden längst noch nicht ausgereift.