Wie Hochschulen ihre Wissenschaftler fit für Social Media machen können


Nicht wenige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind bereits auf Twitter oder Instagram aktiv oder haben einen eigenen Wissenschaftsblog oder -podcast. Jeder von ihnen hat individuelle Gründe dafür: Aus Freude an der Kommunikation, aus Karrieregründen oder dem Bedürfnis, seine Forschungsarbeit Menschen außerhalb der Wissenschaft zugänglich zu machen. Dabei gilt fast immer: Social-Media-Skills, Technik-Know-How und Blogging-Fähigkeiten werden autodidaktisch und in der Freizeit erlernt. Institutionelle Unterstützung Fehlanzeige.

Das mag auch der Grund sein, warum eine große Zahl engagierter Forscherinnen und Forscher sich bis heute mit der Sichtbarkeit im Netz zurückhält. Ihnen fehlt schlichtweg die Zeit und der Durchblick für die Möglichkeiten der digitalen Wissenschaftskommunikation sowie ein Erste-Schritte-Programm, das sie in die Welt der sozialen Medien begleitet. Hinzu kommt nicht selten mangelnde Wertschätzung für Kommunikationsarbeit innerhalb der eigenen Institution.

Eine Tatsache, die immer mehr Hochschulen und Forschungseinrichtungen bewusst wird. Denn kommunizierende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind Botschafter und Aushängeschild ihrer Institution in der Öffentlichkeit. Ihre Kommunikationsfähigkeiten auf- und auszubauen, lohnt sich nicht nur aus altruistischer Perspektive, sondern ist ein unermesslicher Gewinn für die institutionelle Wissenschaftskommunikation und Wissenschafts-PR.

 

Wie institutionelle Wissenschaftskommunikation und persönlicher Nutzen zusammengehen

Die Bedeutung von Wissenschaftskommunikation für die Hochschule ist den meisten Forscherinnen und Forschern nach wie vor unklar. Dabei haben Hochschulen vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Mit gelungener Wissenschaftskommunikation beweisen sie, in welche Projekte öffentliche Gelder fließen, an welchen aktuellen Fragestellungen sie forschen und dass sie bereit sind, mit forschungsinteressierten Bürgerinnen und Bürgern in einen gemeinsamen Dialog zu treten.

Gleichzeitig wird Wissenschaftskommunikation ein immer größerer Stellenwert innerhalb von Forschungsanträgen eingeräumt. Ein gutes Kommunikationskonzept kann den Ausschlag zur Bewilligung von Projektgeldern geben. Eine Tatsache, die Forscherinnen und Forschern großartige Chancen zur Umsetzung ihrer Projektideen  eröffnet.

Auch wenn sich Promovierende, Professorinnen und Professoren aus persönlichen Reputationsgründen öffentlich im Netz äußern – der Glanz des einzelnen Wissenschaftlers fällt auch immer auf seine Forschungseinrichtung zurück.

Warum also aus dieser Konstellation nicht eine Win-Win-Situation für beide Seiten machen? Wie Hochschulen das gelingt, verrät der folgende Text.

 

Unkomplizierte und regelmäßige Weiterbildungsangebote schaffen

Warum könnte ein ResearchGate-Profil hilfreich für meine Arbeit sein? Wie nutze ich als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler Twitter? Besser in Englisch oder Deutsch bloggen? Es gibt unzählige Fragen, die in Zusammenhang mit digitaler Wissenschaftskommunikation auftauchen. Ein interner Hochschul-Social-Media-Stammtisch, bei dem Wissenschaftler und Mitarbeiter sich einmal im Monat untereinander austauschen, wäre ein niedrigschwelliges Format, das Antworten liefert.

Gleichzeitig können Workshops zu den Themen „Twitter“, „Podcasting in der Wissenschaft“ „Business- und Wissenschaftsnetzwerke“ oder „Wissenschaftsblog oder -website“ in das interne Weiterbildungsangebot aufgenommen werden. Hier werden das Know-How und die Fertigkeiten vermittelt, um im nächsten Schritt selbst aktiv Social Media nutzen zu können.

Schulungen werden dabei idealerweise nicht nur als Teil des allgemeinen Weiterbildungsprogramms angeboten , sondern gehören als Element der Promovierenden- und Studierendenausbildung zum festen „Stundenplan“ in Graduiertenkollegs und Studiencurricula.

 

Wertschätzung für digitale Kommunikation zum Ausdruck bringen

Damit entsprechende Angebote tatsächlich wahrgenommen werden, muss die positive Grundhaltung gegenüber kommunizierenden Wissenschaftlern innerhalb der Institution spürbar sein.

Die Wertschätzung kann zum Beispiel durch öffentlichkeitswirksame Auszeichnungen für engagierte Wissenschaftskommunikatorinnen und Wissenschaftskommunikatoren zum Ausdruck gebracht werden. Darüber hinaus eignen sich positive Erwähnungen im Rahmen von Leistungsbeurteilungen.

Eine besondere Form der Anerkennung gelingt der Universität Hohenheim. Auf ihrer Website veröffentlicht sie eine Experten-Liste mit Social-Media-affinen Wissenschaftlern, die zu psychologischen Aspekten, medien- und wirtschaftsrelevanten Fragen im Bereich Social Media Auskunft geben können. Eine kluge Idee, die das Ansehen der Hochschule und der verlinkten Experten gleichermaßen fördert.

 

Qualitätskriterien festlegen und Orientierungshilfen anbieten

Um Wissenschaftlern den Einstieg in die Welt der Sozialen Medien zu erleichtern, helfen hochschulinterne Formate, in die sie sich einbringen können, um Erfahrungen zu sammeln und ihre neu erworbenen Fähigkeiten weiter auszubauen. Das kann ein Hochschulblog sein, auf dem die Wissenschaftler regelmäßig veröffentlichen dürfen oder der Twitter-Account der Hochschule, der ähnlich wie der Real Scientist DE-Account für eine Woche von einer Person exklusiv bespielt wird.

Sorgfältig ausgearbeitete Social-Media-Guidelines, die allen Hochschulangehörigen Orientierungshilfen an die Hand geben, was im Rahmen von persönlicher und institutioneller Wissenschaftskommunikation möglich ist – und was besser zu vermeiden wäre – gibt kommunikationsinteressierten Wissenschaftlern zusätzliche Sicherheit, sich mit den digitalen Möglichkeiten der Kommunikation auseinanderzusetzen.

Dabei geht es um ganz praktische Tipps im Umgang mit sensiblen Forschungsergebnissen, der Foto- und Filmerlaubnis im Labor oder im eigenen Büro oder um die Frage, welche Maßnahmen sich für welche Ziele und Zielgruppen eignen.

Je früher der Grundstein für einen aktiven und positiven Umgang mit Social Media gelegt wird, desto eher profitieren beide Seiten von den großartigen Möglichkeiten digitaler Kommunikation.

 

 

Über die Autorin:
Susanne Geu ist Wissenschaftscoach und freie Autorin. Sie hilft Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, erfolgreich digital zu kommunizieren. Tipps und Tricks für digitale Wissenschaftskommunikation verrät sie auf Twitter und Instagram.
Blog: susannegeu.de/blog Twitter: @SusanneGeu Instagram: @susannegeu

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