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11. Dezember 2017
Twitter ist das wichtigste soziale Netzwerk in der Wissenschaft. Eine 2017 veröffentlichte Studie bestätigt, dass Twitter von Wissenschaftlern aller Fachrichtungen genutzt wird, um auf ihre Forschung aufmerksam zu machen. Sozial- und Computerwissenschaftler seien dabei über-, Mathematiker unterrepräsentiert. Selbst die Zitationsrate von wissenschaftlichen Veröffentlichungen kann durch Twitter vorhergesagt werden. Ist ein Thema in der Twitter-Community präsent, wirkt sich das positiv auf die Sichtbarkeit in der gesamten Forschungscommunity aus.
Doch twittern kostet Zeit und Energie. Hinzu kommt: Nicht jeder Wissenschaftler möchte sich selbst in einem sozialen Netzwerk in den Vordergrund stellen, wäre aber durchaus daran interessiert, über seine Forschung oder die Forschung einer gesamten Arbeitsgruppe zu informieren. Eine Lösung, die deshalb nahe liegt: als Forschungsgruppe Twitter gemeinsam zu nutzen und den Account einem konkreten Forschungsprojekt zu widmen.
Welche Vorteile dieses Vorgehen bieten kann, wie die gemeinsame Betreuung aussehen sollte und was es braucht, um einen erfolgreichen Twitter-Account für ein Forschungsprojekt aufzubauen, verrät dieser Text.
Das sind die Vorteile eines Forschungsgruppen-Accounts
Die Verantwortung für einen Forschungsgruppen-Account kann auf mehrere Schultern verteilt werden. Im Idealfall bedeutet das weniger Arbeit für den einzelnen Wissenschaftler. Trotzdem müssen Absprachen getroffen und gemeinsame Regeln aufgestellt werden, damit Tweet-Inhalte, Posting-Frequenz, Sprache und Tonalität zueinander passen.
Über einen Forschungsgruppen-Account besteht die Möglichkeit, mit einer interessierten Öffentlichkeit über ein bestimmtes Thema ins Gespräch kommen. Anhand des Twitter-Namens und der Twitter-Bio wird sofort deutlich, um was es inhaltlich auf dem Kanal geht. Einige Forschungsaccounts nutzen über Twitter sogar die Möglichkeit, öffentlichkeitswirksam auf Fragebögen aufmerksam zu machen, die über Posts oder den Link in der Twitter-Bio zügig aufgerufen werden können und erreichen so (in Abhängigkeit der Followerzahl) vermutlich eine höhere Umfragebeteiligung.
Ein Twitter-Account für ein Forschungsprojekt kann zudem sichtbarer Teil der Wissenschaftskommunikation sein, die immer häufiger für eine erfolgreiche Drittmittelförderung vorausgesetzt wird.
Darüber hinaus dienen Tweets nicht selten als Nachrichten- oder Zitatquelle für Journalisten. Sie informieren unmittelbarer als jede Pressemitteilung über neue Forschungsergebnisse oder wissenschaftsrelevante Zusammenhänge und werden passend zum jeweiligen Thema sogar direkt in Online-Artikel eingebunden.
Tipps zur Organisation eines gemeinsamen Twitter-Accounts
Neben guten Inhalten spielt in den sozialen Medien auch die Persönlichkeit eine wichtige Rolle für eine reichweitenstarke Wahrnehmung. Der Grund: Menschen interessieren sich für andere Menschen. Dieser Aspekt tritt bei einem Forschungsgruppen-Account in den Hintergrund. Was braucht es also, um das Interesse der Follower zu wecken?
Neben der Einrichtung eines professionellen Profils mit guten Fotos und aussagekräftiger Profilbeschreibung (Twitter-Bio) sind regelmäßige und konsistente Tweets wichtigster Bestandteil eines erstzunehmenden Twitter-Accounts. Twitter ist ein schnelllebiges Medium – mindestens ein qualitativ hochwertiger Post sollte pro Tag gepostet werden. Unterbrechungen aufgrund von Krankheit, Urlaub oder Ideenmangel wird es trotzdem geben – wichtig ist nur, zurück zur ursprünglich festgelegten Twitter-Routine zu finden.
Interessieren sich andere Wissenschaftler, Journalisten, Politiker oder Bürgerforscher für das Projekt, sollten sie unkompliziert weiterführende Informationen zum Forschungsanliegen erhalten können. Dazu kann der Link in der Twitter-Bio oder die Funktion „angehefteter Tweet“ genutzt werden, die einen Post dauerhaft ganz oben im eigenen Twitter-Stream fixiert. Auf der dahinter liegenden Website können Kontaktdaten des zuständigen Ansprechpartners zur Verfügung gestellt werden.
Ein erfolgreicher Forschungsgruppen-Account adressiert auch immer die richtige Zielgruppe. Dazu muss im Vorfeld entschieden werden: „Wen wollen wir erreichen?“ Dabei ist es hilfreich, sich das Ziel der Twitteraktivität vor Augen zu führen: „Was wollen wir mit unserem Forschungsprojekt auf Twitter bewirken?“ Anhand des Ziels wird die Zielgruppe deutlich. Inhalt, Sprache und Tonalität werden anschließend auf die Adressaten ausgerichtet.
Zu guter Letzt ist die administrative Organisation ein nicht zu unterschätzender Faktor eines gelungenen Twitterauftritts. Wer bekommt das Twitterpasswort? Wie regeln wir Wochenend-, Urlaubs- und Feiertagszeiten? Wie häufig posten wir? Wer postet wann? Kennzeichnen wir einzelne Tweets mit Namenskürzeln? Was und wann wird auf Kommentare geantwortet? Wie nachhaltig ist unser Twitter-Account, wenn das Projekt endet? Diese Fragen müssen vor dem ersten Tweet beantwortet und nachvollziehbar für alle Beteiligten festgehalten werden.
Beispielhafte Forschungsgruppen-Accounts aus Chemie, Biologie und Medizin
Bevor der eigene Forschungsgruppen-Account online geht, sollte man Zeit investieren, sich ähnliche Accounts anzusehen, Ideen zu sammeln und Punkte zu notieren, die im Vergleich zu anderen Forschungsprojekten auf Twitter noch besser umgesetzt werden können. Im Bereich der Chemie, Biologie und Medizin existieren bereits einige Twitter-Profile, die als Inspirationsquelle hilfreich sein können.
Die PMV forschungsgruppe ist seit 1994 an der Universität zu Köln angesiedelt und arbeitet vorrangig zu gesundheitswissenschaftlichen und (pharmako-)epidemiologischen Fragestellungen, insbesondere im Bereich der ambulanten Versorgung. Seit November 2017 twittert der Wissenschaftliche Mitarbeiter Ingo Meyer im Namen der Forschungsgruppe und ist auch selbst mit einem Personenprofil bei Twitter vertreten.
Das Profil des Forschungskollegs der Universität Siegen steht für eine ganze Reihe von Forschungsprojekten auf Twitter. Es versteht sich als Ansprechpartner im Sinne eines „Think Tanks“ für die Region und engagiert sich in aktuellen Debatten. Auf dem Twitter-Account informiert das Forschungskolleg seit August 2013 über anstehende Livestreams beispielsweise zu den Themen Digitalisierung, Gesundheit und Technik oder kündigt Interviews mit Experten an, die kurze Zeit später ebenfalls über Twitter zur Verfügung gestellt werden.
Ganz neu auf Twitter ist das Schmeck! Projekt der TU Berlin, ein transdisziplinäres, bürgerwissenschaftliches Forschungsprojekt zur Praxis und Ästhetik des Schmeckens, das gemeinsam mit 20 Amateurforschern zwei Jahre lang forschen und experimentieren möchte. Auf Twitter stellt sich das Projekt vor und begleitet – vor allem in Form von aussagekräftigen Fotos – gustatorische Experimente.
Über die Autorin:
Susanne Geu ist Wissenschaftscoach und freie Autorin. Sie hilft Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, erfolgreich digital zu kommunizieren. Tipps und Tricks für digitale Wissenschaftskommunikation verrät sie auf Twitter und Instagram.
Blog: susannegeu.de/blog Twitter: @SusanneGeu Instagram: @susannegeu