Mit Virtual Reality neue Welten entdecken – Chemie macht es möglich
19. Oktober 2017
Unser Leben scheint längst durchdigitalisiert: Das Smartphone ist für viele Dreh- und Angelpunkt des Alltags, und auch bei der Arbeit gehören Mails und Video-Konferenzen zum Tagesgeschäft. Doch nicht nur die Bürotätigkeiten profitieren von der Digitalisierung. Auch in spezielleren Arbeitsumgebungen wie dem Labor unterstützt die Technik Anwender bei ihren Aufgaben. Hier verspricht beispielsweise Augmented Reality (AR) sichereres und schnelleres Arbeiten.
Anders als bei Anwendungen mit Virtueller Realität (VR), in denen Nutzer komplett von ihrer realen Umwelt abgekoppelt sind und sich mittels VR-Brille in einer vollständig digitalen Umgebung wiederfinden, ergänzt AR-Technologie vielmehr die Wahrnehmung der Nutzer und stellt ihnen in Echtzeit hilfreiche Informationen zur Verfügung.
In der Regel gehören zu den entsprechenden Systemen spezielle Brillen mit Kamera, Mikrofon und Projektionsfläche für Informationen. Diese sind von diversen Anbietern für etwa 1.000 bis 5.000 Euro im Handel erhältlich, wobei die Preise purzeln und bereits eine Vielzahl sehr ordentlicher Geräte unter 2.000 Euro erstanden werden kann. In einfacheren Versionen genügt auch bereits ein Smartphone oder Tablet, um von AR-Anwendungen zu profitieren.
Hintergrund: Was ist Augmented Reality?
Die Welt mit anderen Augen sehen – das ist das Versprechen von Augmented Reality. Für diese erweiterte Realität sind keine bewusstseinserweiternden Substanzen nötig, sondern die passende Technik, bestehend aus:
• Kamera und Projektionsfläche (Hardware)
• sowie einem leistungsstarken Computerprogramm (Software)
Die Kamera nimmt die Umgebung aus Nutzersicht auf und liefert den Input für die Software. Als Projektionsfläche kommen etwa ein Smartphone, ein Tablet, eine spezielle Brille oder natürlich ein Rechnerbildschirm in Frage. Die Software wiederum sucht in den Umgebungsdaten beispielsweise nach eingespeicherten Objekten oder QR-Codes und wertet diese aus. Dabei ist meist ein trainierter Algorithmus aktiv, eine künstliche Intelligenz, die auf eine bestimmte Aufgabe trainiert ist: z. B. auf das Erkennen von Gefahrensymbolen. In der Software sind auch die Daten für die Zusatzinfos der erweiterten Realität hinterlegt. So könnten etwa Sicherheitshinweise neben das Gefahrensymbol eingeblendet werden, oder ein Navigationspfeil, der den Ort einer Probe im Lager anzeigt. Perspektivisch sollen sogar Systeme auf den Markt kommen, die direkt auf die Netzhaut des Nutzers projizieren, statt in das Glas einer Brille.
Eine schon viel genutzte Form von AR sind Apps für das Smartphone, etwa das Spiel Pokémon Go, oder die Einrichtungs-App von Ikea, in der man Möbel aus dem Katalog in Echtzeit im eigenen Zimmer platzieren kann. Eine solche Technik nutzen bereits Laborplaner bei der Gestaltung neuer Laboratorien. Der Einsatz von AR im Laboralltag ist schon heute möglich. Dabei ist der Nutzen umso größer, je besser die AR-Anwendung mit dem Laborsystem vernetzt ist. Durch Datenabgleich mit einem Labor-Informations- und Managementsystem (LIMS) via WLAN oder Bluetooth können etwa Protokolle abgerufen oder Versuchsaufzeichungen ins LIMS hochgeladen werden.
Die Potenziale von AR für die Laborwelt
Obwohl Augmented Reality schon heute prinzipiell im Laborumfeld einsetzbar wäre, ist der Digitalisierungsstand vieler deutschen Labore längst nicht so weit. Dies zeigt etwa eine nicht-repräsentative Befragung, die das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) 2021 in Auftrag gegeben hat. Aus Interviews in 15 Life-Science-Laboren kam heraus, dass der Fortschritt bei der Digitalisierung noch breit gestreut ist: von sehr gut digitalisiert bis hin zu (fast) gar nicht. Dabei könnte Augmented Reality die Abläufe im Labor an vielen Stellen optimieren:
Es braucht ein bisschen Mut
Obwohl technisch bereits vieles möglich ist, hemmt vor allem die Skepsis der potenziellen Anwender aktuell noch den Durchbruch von AR-Technologie im Labor. Dies zumindest geht aus der zuvor erwähnten IPA-Befragung hervor. Solche Hemmnisse lassen sich jedoch mit entsprechenden Informationsveranstaltungen und Live-Demonstrationen abbauen. Denn die Entwicklung schreitet rasch voran. Längst sind AR-Brillen nicht mehr nur klobige und schwere Geräte, sondern nähern sich deutlich dem Tragekomfort einer regulären Brille an. Auch Modelle mit Seiten-Spritzschutz sind bereits verfügbar, womit die Anwendung im Labor ohne Überbrille möglich wird. Hier ist in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sicherlich weiterer Fortschritt zu erwarten, sodass mit einem bisschen Mut und überschaubarem Aufwand zukünftige Labore von dieser Entwicklung profitieren werden.
Vielleicht werden bereits in näherer Zukunft in Forschungslaboren alle hochwertigen Schutzbrillen standardmäßig mit AR-Funktionen ausgestattet sein, und im Carl ROTH-Webshop können Sie dann diese Brillen und die passende Software kaufen. Wir halten Sie auf jeden Fall auf dem Laufenden.