Geoengineering – Gamechanger gegen den Klimawandel?


Weltweit nehmen die Gefahren durch die Erderwärmung zu, parallel zu der Erkenntnis, dass die Menschheit das Zwei-Grad-Ziel voraussichtlich verfehlen wird. Viele Einrichtungen, von der Regierung über NGOs bis zu Wissenschaft und Industrie, suchen Lösungen dafür, wie sich die schlimmsten Szenarien verhindern lassen. Wir alle wollen schließlich keine Erde, auf der extreme Hitzewellen, Mega-Tornados, riesige Waldbrände, Starkregen und Überflutungskatastrophen an der Tagungsordnung sind.

Ein neuer Ansatz ist das sogenannte Geoengineering, auch Klimaengineering genannt: die Zusammenfassung aller Methoden und Technologien, mit denen man das Klimasystem so verändern möchte, dass der Klimawandels stoppt oder zumindest deutlich reduziert wird. Die Hauptzielrichtung dabei ist die globale Temperatur, das heißt, man möchte den Planeten abkühlen. Kritiker befürchten jedoch einen massiven Eingriff in die Natur mit unabsehbaren Konsequenzen.

Was ist Geoengineering?

Geoengineering als Maßnahme gegen den Klimawandel umfasst im Wesentlichen drei Aspekte. Zum einen die Entfernung von Kohlenstoffdioxid aus der Luft – auch Carbon Dioxide Removal (CDR) oder Negative Emissions Technology (NET) genannt. Hierbei kommen beispielsweise riesige Filter bzw. Filtermaschinen zum Einsatz. Das herausgefilterte CO2 ließe sich theoretisch in unterirdischen Lagern speichern und im Zuge von Kohlenstoffrecycling zur Werkstoffherstellung nutzen. Umweltkatastrophen, Kriege oder andere externe Einflüsse könnten aber zu einer erneuten ungewollten Freisetzung führen. Problematisch wäre zudem der hohe Energiebedarf von sowohl Filtern als auch Speicherung, der vollständig durch erneuerbare Energie gedeckt werden müsste. Eine andere Geoengineering-Technik nennt sich Solar Radiation Management (SRM). Hierzu gehören unterschiedliche Vorgehensweisen, um die Erde vor Sonneneinstrahlung abzuschirmen. Denkbar ist z.B. die Platzierung von Sonnenschutzschilden, die das Sonnenlicht reflektieren bzw. ablenken oder absorbieren. Angedacht sind Sonnensegel oder auch riesige reflektierende Spiegel. Alternativ hierzu wird überlegt, den natürlichen Schutzschild – Wolken – verstärkt einzusetzen, eine Technik, die als Earth Radiation Management (ERM) bezeichnet wird. Die Idee: mikroskopisch kleine Schwefelpartikel werden in der Luft verteilt, die die Reflexionseigenschaften von Küstenwolken steigern sollen oder sogar als Ausgangspunkt für die Entstehung künstlicher Wolken dienen könnten. Diese Wetterbeeinflussung hat aber ebenfalls ihre Tücken: Die Partikel können zwar eine kühlende Wirkung haben, könnten aber gleichzeitig der schützenden Ozonschicht schaden.

Geoengineering bedeutet aber nicht zwingend, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandel weltweit aufgestellt sein müssen. Einige Forschende suchen auch nach lokalen Methoden, um spezifische Korallenriffe, Wälder oder Eisschilde zu schützen.

Wie erfolgreich ist Geoengineering gegen den Klimawandel?

Die Idee des Einsatzes von Geoengineering gegen den Klimawandel geht auf das Jahr 1965 und den wissenschaftlichen Beratungsausschuss des US-Präsidenten Lyndon Johnson zurück. Diese Forscher warnten bereits davor, dass eine Erhöhung des Reflexionsvermögens des Planeten notwendig sein würde, um den Klimaeffekt der steigenden Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre auszugleichen. Seitdem erforschen Wissenschaftler weltweit, ob diese Technologie wirklich das Potential hat, den Klimawandel erfolgreich aufzuhalten. Hierfür werden hauptsächlich Computermodelle und kleinere Laborexperimente genutzt und durch Upscaling bzw. ‚Hochrechnen‘ der Modelldaten eine Abschätzung des globalen Effektes getroffen. Aber die Wissenschaft hat noch keine endgültige Antwort auf die Frage gefunden, ob Geoengineering den Klimawandel wird aufhalten können. Denn erst in den letzten Jahren entstehen durch die immensen Fortschritte in der Klimaforschung und die ebenso rasant gestiegene Rechnerleistung tragfähige Modelle, so dass man die globalen Geoengineering-Effekte erst in jüngster Zeit halbwegs genau einschätzen kann.

Bei allen Chancen ist Geoengineering aber nicht unumstritten. Kritiker sagen, dass der Einsatz von Geoengineering gegen den Klimawandel die eigentliche Ursache des Problems ignoriert – nämlich die steigenden Treibhausgasemissionen. Immerhin betreibt der Mensch bereits seit vielen Jahrzehnten durch die massive weltweite Verbrennung fossiler Brennstoffe ein unbeabsichtigtes und unkontrolliertes Geoengineering. Die neuen Ansätze – ob CDR, NET oder SMR – machten den Klimawandel nicht rückgängig, sondern könnten entweder nur als kurzfristige Notlösung gelten, oder werden wegen der langen Entwicklungszeit erst viel zu spät greifen. Generell besteht die Sorge, dass sich die Folgen eines solchen massiven Eingriffs in die Natur trotz genauer Computermodellierungen nicht absehen lassen und unvorhersehbare Effekte zu anderen großen Klimakatastrophen führen würden. Zu den hohen Kosten und dem riesigem Aufwand an Energie und technischem Gerät könnten sich zudem noch geopolitische Konflikte über Entscheidungsgewalten gesellen. Wer möchte schon ein riesiges Sonnensegel in der Gewalt eines soziopathischen Diktators wissen, wenn James Bond in Rente ist?

Erfahren Sie mehr über unterschiedliche Umweltschutzthemen und Emissionsreduktion in unseren weiteren Blogbeiträgen.

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